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SCHWEINEGRIPPE: Zweitklassige Impfung? Nein danke

Impfung


Die Empörung darüber, dass Politiker einen Spezial-Wirkstoff gegen Schweinegrippe verabreicht bekommen, ist groß. Auch kommen starke Zweifel am Nutzen der 600 Millionen Euro teuren Aktion.

VON NINA GESSNER

HAMBURG Noch genau eine Woche, dann startet auch in Hamburg die größte Impfkampagne in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland - die gegen die Schweinegrippe.

In drei Stufen werden zunächst medizinisches Personal, dann Risikogruppen und zuletzt der Rest der Bevölkerung gegen das Angst umwobene Virus immunisiert, selbstverständlich freiwillig. Doch kurz bevor die Massen-Pikserei losgeht, wird die ganze Aktion massiv infrage gestellt. Aktueller Anlass: Die Bundesregierung erhält ebenso wie die Soldaten ein anderes Präparat als Otto-Normal-Verbraucher!

"Wir haben 200000 Dosen des nicht-adjuvantierten Impfstoffes Celvapan der Firma Baxter gekauft", bestätigte Christoph Hübner, Sprecher des Bundesinnenministeriums dem Nachrichtenmagazin "Spiegel".

Nicht-adjuvantiert, das heißt ohne Wirkverstärker. Und genau dieser Aspekt sorgt nun für mächtig Zündstoff. Denn der für die Bevölkerung vorgesehene Impfstoff Pandemrix enthält den Zusatzstoff AS03, der bislang noch nie verwendet wurde.

Er hat deutlich mehr Nebenwirkungen (Rötungen, Schwellungen der Einstichstelle, Fieber) und ist überdies quecksilberhaltig. Aber: Er lässt sich vier Mal so schnell herstellen wie das für die Politiker bestimmte Celvapan, das in einer langwierigeren Produktion aus Hühnereiern hergestellt wird.


Quelle: http://www.mopo.de/2009/20091019/hamburg/panorama/zweitklassige_impfung_nein_danke.html

In den USA ist Pandemrix nicht zugelassen. Die dortige Arzneizulassungsbehörde schätzt die Gefahr einer abnormen Immunreaktion zu groß ein und setzt auf konventionelle Mittel.

Für den Arzt und Pharmakritiker Wolfgang Becker-Brüser ist die deutsche Kampagne entsprechend ein "Großversuch an der deutschen Bevölkerung". Und der unabhängige Arzneimittelbrief schreibt: "Die neuen Impfstoffe sind potenziell gefährlicher als der saisonale Grippeimpfstoff, da die sonst üblichen Sicherheitsprüfungen übersprungen werden."

Im Übrigen würden die vorliegenden Daten zeigen, "dass die Schweinegrippe deutlich milder verläuft als eine saisonale Influenza". Zum Vergleich: An der Schweinegrippe sind in Deutschland bisher zwei Menschen (die massive Begleiterkrankungen hatten) gestorben. An der normalen Grippe sterben pro Jahr bis zu 11000 Menschen.

Auch für den Vorsitzenden der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Wolf-Dieter Ludwig, ist der Nutzen der Impfaktion geringer als die Probleme. "Die Gesundheitsbehörden sind auf eine Kampagne der Pharmakonzerne hereingefallen, die mit einer vermeintlichen Bedrohung schlichtweg Geld verdienen wollten."

Völlig unklar ist auch, inwieweit die Bevölkerung die für den Einzelnen kostenlose Spritze überhaupt in Anspruch nehmen wird. Schon jetzt zeichnet sich eine klare Impfmüdigkeit ab (siehe rechts). Einer Infratest-dimap-Umfrage zufolge wollen mehr als die Hälfte der Deutschen sich nicht piksen lassen.

Und so könnte es sein, dass die 600 Millionen Euro, die der Staat und die Krankenkassen für die insgesamt 50 Millionen Dosen Pandemrix ausgegeben haben, am Ende in den Sand gesetzt werden. Dann war die Aktion, wie der "Spiegel" schreibt, vor allem eins: "Das, was die Abwrackprämie für die Autoindustrie war" - eine massive Konjunkturspritze für die Pharmamultis.

Info:
Das sagen die Hamburger

Helmuth Baensch (79), Rentner aus Langenhorn "Ich lass' mich nicht impfen. Vor zwei Jahren hatte ich mal eine Schutzimpfung und - batsch - kurz darauf hatte ich eine Grippe. Meiner Meinung nach hilft da eine positive Lebenseinstellung mehr. Man darf nicht immer so viel Angst haben. Ich lasse mich da jedenfalls nicht verrückt machen!"

Siggi Chartieu (65), Rentnerin aus Wellingsbüttel "Bisher habe ich jedes Jahr eine Grippe-Impfung gemacht. Aber dieses Jahr werde ich das wohl erst mal mit meinem Arzt besprechen. Denn so ganz vertrauenerweckend sind die Nachrichten im Zusammenhang mit dem neuen Impfstoff ja nicht gerade. Das macht mir schon ein wenig Sorgen!"

Steffi Rohde (29), Programm-Managerin aus Altona-Nord "Ich lass' mich nicht impfen und kann die Panik auch gar nicht verstehen. Schon dass das Virus mutieren kann, zeigt doch, dass der Impfstoff auch nicht hundertprozentig wirken kann. Ich denke, da sind viele Ängste geschürt worden. Und dann kommen noch die möglichen Nebenwirkungen dazu - nein danke!"

Raphael Wichmann (30), Programmierer aus Altona "Meine letzte Grippe-Impfung ist zwei Jahre her. Ob sie geholfen hat oder ob ich nur Glück hatte, weiß ich nicht. Dieses Jahr gehe ich jedenfalls nicht hin. Man liest so viel Negatives. Offenbar ist der neue Impfstoff noch nicht so ausgereift, wie man angenommen hat - oder wie behauptet wurde."

Zitat:
"Die Impfung ist ein Großversuch an der deutschen Bevölkerung"

Pharmakritiker Becker-Brüser

(MOPO vom 19.10.2009 / SEITE 4-5)