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Hat die WHO die Pandemiestufen für die Schweinegrippe heimlich verändert?

Michael Grandt

Was könnte der wahre Grund dafür sein, dass die WHO offensichtlich ihre Kriterien veränderte – etwa die Milliarden-Umsätze der Pharmaindustrie?

Der britische Forscher Tom Jefferson, der für die internationale Cochrane Collaboration alle wissenschaftlichen Studien zum Thema Influenza auswertet und wohl weltweit als der renommierteste Kritiker der Schweinegrippe-Panikmache gilt, wirft der Weltgesundheitsorganisation WHO vor, »heimlich« die Kriterien für die Pandemiestufen 6 verändert zu haben: »Die Weltgesundheitsorganisation«, so kritisierte Jefferson, habe Anfang Mai eigens ihre Definition geändert, »um die Schweinegrippe zur Pandemie erklären zu können. Das Kriterium, demzufolge es sich bei einer Pandemie um eine Krankheit mit hoher Sterblichkeit handeln müsse, sei dazu einfach gestrichen worden« und er fügt hinzu: »Mit den anderen Erregern lässt sich kein großes Geld verdienen«.

Hat Jefferson recht?

WHO drückt sich um eine klare Antwort

Fakt ist, dass Journalisten wochenlang bei den Pressekonferenzen mit WHO-Verantwortlichen nachfragten, welche Kriterien denn genau verändert wurden. Wahr ist auch, dass die WHO sich wochenlang um eine direkte Antwort drückte. Das Einzige, was man aus den Presseerklärungen herausinterpretieren kann, ist, dass es tatsächlich etwas mit der Schwere der Erkrankungen zu tun haben muss.

Aus einem Bericht über ein Treffen der WHO-Generaldirektorin mit Impfstoffherstellern am 19. Mai geht lediglich hervor, dass die bisherigen Kriterien für die Pandemiestufen auf das »tödlichere« H5N1-Virus abgestimmt gewesen waren, das sich allerdings nicht pandemieartig ausgebreitet hat.

Die WHO drückt sich nach wie vor um eine klare Stellungnahme. Dieses unverantwortliche Verhalten gibt Anlass für vielerlei Spekulationen.

Was könnte also der Grund dafür sein, dass die Pandemiestufe 6 unabhängig von der tatsächlichen Gefährlichkeit der Schweinegrippe ausgerufen wurde?

Liegt es etwa daran, dass die sogenannten »Pandemie-Musterimpfstoffe«, die auf der Grundlage des H5N1-Virus eine Vorzulassung erhalten haben, laut europäischen Zulassungsbedingungen nur dann eingesetzt werden dürfen, wenn die Pandemiestufe 6 ausgerufen wurde?

Im Klartext: Ohne Pandemiestufe 6 keine Impfstoffzulassung, ohne Impfstoffzulassung keine Impfstoffproduktion, ohne Impfstoffproduktion keine Milliardenumsätze für bestimmte Pharmaunternehmen.

Die sechs Pandemiestufen der WHO

Phase 1: Kein Nachweis eines neuen Influenzavirus bei Menschen. Subtypen, die zu einem früheren Zeitpunkt Infektionen beim Menschen hervorriefen, sind eventuell bei Tieren im Umlauf. Das Infektrisiko bei Menschen ist als niedrig eingestuft.

Phase 2: Kein Nachweis von neuen Subtypen eines Influenzavirus bei Menschen. Influenza­Viren, die bei Tieren in Umlauf sind, stellen jedoch ein erhebliches Erkrankungsrisiko bei Menschen dar.

Phase 3: Infektionen bei Menschen mit einem neuen Subtyp, aber ohne Ausbreitung von Mensch zu Mensch – außer in extremen Fällen bei sehr engem Kontakt.

Phase 4: Geringe Anhäufung/Streuung mit begrenzter Übertragung von Mensch zu Mensch. Die Ausbreitung ist räumlich noch sehr begrenzt, sodass man noch nicht von einer vollständigen Anpassung des Virus an den Menschen sprechen kann.

Phase 5: Größe Anhäufung/Ausbreitung von Mensch zu Mensch, die Ausbreitung ist jedoch weiter örtlich begrenzt. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass das Virus zwar besser an den Menschen angepasst, jedoch wahrscheinlich noch nicht optimal übertragbar ist – es herrscht ein ganz erhebliches Pandemierisiko.

Phase 6: Erhebliche, zunehmende und anhaltende Übertragung des Virus in der Allgemeinbevölkerung. Mehrere Ausbrüche in mindestens einem Nicht-EU-Land mit anhaltender Übertragung des Virus von Mensch zu Mensch und Verbreitung in andere Länder. In der Phase 6 wird weiter unterschieden, ob a) ein Land noch nicht betroffen ist, b) ein Land betroffen ist oder enge Handels- oder Reisebeziehungen mit einem betroffenen Land hat, c) die Aktivität zurückgegangen ist, oder es sich um d) eine zweite Pandemiewelle handelt.

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Am 18.07.2009 schrieb der Spiegel:

Experte warnt vor Viren-Hysterie

Der britische Forscher Tom Jefferson hält die Gefahr durch Grippeviren für "systematisch überschätzt". Er hat zahlreiche Studien zum Thema Influenza ausgewertet - und beklagt im Gespräch mit dem SPIEGEL, dass mit der Grippe-Angst nicht zuletzt Geld verdient werden soll.

Washington - Tom Jeffersons Urteil zur Grippesituation ist - wie gewohnt - wenig schmeichelhaft. Der britische Forscher, der für die internationale Cochrane Collaboration alle wissenschaftlichen Studien zum Thema Influenza auswertet, hält die Gefahr durch Grippeviren für "systematisch überschätzt". Derzeit grassiere weltweit eine weitgehend unbegründete Schweinegrippe-Hysterie, beklagt Jefferson in einem Gespräch in der aktuellen Ausgabe des SPIEGEL.

Grippe-Vorbereitungen (in El Salvador): "Ich finde es verrückt, welche Katastrophen uns Jahr für Jahr von den Grippe-Experten vorausgesagt werden"
REUTERS

Grippe-Vorbereitungen (in El Salvador): "Ich finde es verrückt, welche Katastrophen uns Jahr für Jahr von den Grippe-Experten vorausgesagt werden"

Tatsächlich sehe er keinen grundsätzlichen Unterschied zu einer normalen saisonalen Grippewelle, sagte der Forscher, der mit seiner Organisation daran arbeitet, Informationen zu therapeutischen Fragen für Ärzte und Patienten zusammenzufassen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), so kritisierte Jefferson, habe Anfang Mai eigens ihre Definition geändert, um die Schweinegrippe zur Pandemie erklären zu können. Das Kriterium, demzufolge es sich bei einer Pandemie um eine Krankheit mit hoher Sterblichkeit handeln müsse, sei dazu einfach gestrichen worden. "Ich finde es verrückt, welche Katastrophen uns Jahr für Jahr von den Grippe-Experten vorausgesagt werden", so Jefferson, der sich bereits in der Vergangenheit ähnlich kritisch geäußert hatte.

Influenza-Virus angeblich weniger bedeutsam als behauptet

"Bislang ist keine von ihnen jemals eingetroffen", sagte der Forscher. Er verwies darauf, dass WHO, Gesundheitsbehörden, Pharmaindustrie und Virologen im Laufe der Jahre eine ganze Maschinerie um die Idee einer drohenden Influenza-Pandemie aufgebaut hätten. "Alles, was es jetzt noch brauchte, um diese Maschinerie in Gang zu bringen, war ein kleines, mutiertes Virus."

Tatsächlich sei das Influenza-Virus weitaus weniger bedeutsam als zumeist behauptet. So fielen die 10.000 bis 30.000 jährlichen "Grippetoten" in Deutschland keinesfalls alle der Influenza zum Opfer. Es gebe vielmehr über 200 weitere Erreger, die alle grippeähnliche Symptome verursachen könnten. Nur in sieben Prozent der Fälle seien Influenza-Viren der Krankheitsauslöser. Zur Zahl der "Grippetoten" würden auch die anderen Erreger deutlich beitragen.

Dass sich Forschung und Öffentlichkeit ausschließlich für Influenza interessieren, erklärt Jefferson damit, dass es einzig gegen dieses Virus pharmazeutische Mittel gebe: "Mit den anderen Erregern lässt sich kein großes Geld verdienen." Allerdings werde die Wirksamkeit von Grippe-Impfstoffen gemeinhin weit überschätzt. "An der erhöhten Sterblichkeit während der Wintermonate ändert die Grippeimpfung gar nichts", erklärte Jefferson.

Zudem wirke sie gerade bei Kindern und alten Menschen kaum - und damit genau bei jenen Gruppen, für die eine Impfung besonders empfohlen wird. Statt auf eine Impfung mit ungewisser Wirksamkeit und auf das Medikament Tamiflu zu setzen, das die Krankheitsdauer im Durchschnitt nur um einen Tag verkürzt, empfiehlt Jefferson, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Das sei nachweislich der beste Schutz vor einer Infektion - nicht nur mit dem Schweinegrippe-Virus.